In der Baubranche fehlt es an Nachwuchs und der Fachkräftemangel spitzt sich weiter zu. Wir haben den Berufsschullehrer Nicolò Brivio im Tessin getroffen und wollten von ihm wissen, warum junge Menschen den Bauberufen den Rücken kehren und wie die Branche gegensteuern kann.

Die Baubranche steht unter Druck – und das nicht erst seit gestern. Viele Unternehmen haben Mühe, qualifizierte Fachkräfte zu finden. Laut einer Studie der Adecco Group waren 2024 gleich drei Bauberufe unter den am stärksten vom Fachkräftemangel betroffenen Berufsgruppen vertreten. Auch der Schweizerische Baumeisterverband schlägt Alarm: Gemäss einer 2023 veröffentlichten Studie könnten bis 2040 voraussichtlich 5600 Fachkräfte fehlen – das entspricht 16 Prozent des Bedarfs. Doch woran liegt es, dass sich immer weniger Jugendliche für eine Laufbahn im Baugewerbe entscheiden? Und wie kann die Branche gegensteuern?

Um Antworten auf diese Fragen zu finden, haben wir Nicolò Brivio im Tessin getroffen. Der engagierte Berufsschullehrer kennt die Herausforderungen aus erster Hand. Aufgewachsen in Italien, absolvierte er in der Schweiz eine Lehre als Plattenleger und bildete sich später zum Plattenlegerchef weiter. Seit 2020 unterrichtet er an der Berufsschule Mendrisio – aktuell zwei Klassen, ab dem nächsten Jahr sogar drei.

Nicolò Brivio möchte jungen Menschen zeigen, dass Berufe im Bauwesen spannend sind.

Warum glauben Sie, dass es im Baubereich an jungen Fachkräften mangelt?
Nicolò Brivio: Ich sehe den Grund eindeutig darin, dass über diese Berufsgattung allgemein in der Gesellschaft ein veraltetes Bild vorherrscht. Die ganze Branche hat sich enorm professionalisiert, auch was die Ausbildung und die Arbeitsbedingungen angeht. Im Vergleich zu vor einigen Jahrzehnten hat sich das Image des Plattenlegers gewandelt: Heute legen die Fachleute viel mehr Wert auf ihr Äusseres und achten sehr auf ihr Erscheinungsbild. Ein weiterer Faktor ist, dass für viele Eltern eine Ausbildung in einem Büro oder ein Studium nach wie vor mehr wert ist. Auch wenn den Jugendlichen ein handwerklicher Beruf gefällt – es wird schwierig, wenn sie die Unterstützung ihrer Eltern nicht haben.

Was hat sich in den letzten Jahren beim Berufsbild des Plattenlegers konkret verändert?
Heute muss man als Plattenleger nicht mehr einfach nur eine einwandfreie Arbeit abliefern. Man muss auch mit den Kunden umgehen können, ihnen in einfachen Worten erklären können, was man genau gemacht hat. Dies ist insbesondere von grosser Wichtigkeit, da die Kunden im Vergleich zu früher viel anspruchsvoller geworden sind und heutzutage wissen, wie man Informationen zur Arbeit eines Plattenlegers im Internet (z. B. ChatGPT) findet.

Wie wirkt sich der Mangel an jungen Fachkräften im Hinblick auf die langfristige Entwicklung der Branche aus?
Mit den geburtsstarken Jahrgängern der Babyboomer werden viele Fachleute im Baubereich in den nächsten fünf bis zehn Jahren in die Pension gehen. Dabei ist nicht nur zu berücksichtigen, dass diverse Stellen wieder besetzt werden müssen, sondern auch der grosse Erfahrungsschatz, der verloren geht. Diese Personen haben zum Teil 40 Jahre auf dem Beruf gearbeitet und viele Entwicklungen miterlebt. Es ist wichtig, dieses Fachwissen weiterzugeben.

Mit welchen Veränderungen sieht sich die Baubranche in den nächsten Jahren sonst noch konfrontiert?
Es wird sicherlich weniger Neubauten geben, denn der Fokus wird auf Renovationen liegen. Aus diesem Grund wird der Plattenleger häufiger zum Auftraggeber nach Hause kommen und es wird ihm zufallen, ein Vertrauensverhältnis aufzubauen. Es wird zunehmend mehr Nachfrage nach einzelnen Facharbeitern geben, die eher aufgrund von Mundpropaganda als aufgrund des Unternehmens selbst ausgewählt werden. Meiner Meinung nach wird es viel punktueller sein.

«Man müsste einen Weg finden, die Jungen zu erreichen, mit etwas, das ‹instagrammable› ist.»
Nicolò Brivio im Interview mit Damiano Dellasanta, Marketing Manager bei Mapei Suisse.

Wie könnte man die Jugendlichen für Bauberufe gewinnen? Was sind Initiativen, die es schon gibt oder die gemacht werden könnten?
Initiativen gibt es meines Wissens nicht. Man müsste einen Weg finden, die Jungen zu erreichen, mit etwas, das «instagrammable» ist. Wir könnten zum Beispiel eine Seite auf den Sozialen Medien betreiben und Fotos unserer Arbeit veröffentlichen. So würde die Öffentlichkeit sehen, was wir genau den ganzen Tag machen und mit welchen hochwertigen Materialien wir arbeiten. Eine weitere Möglichkeit wäre, Projekte wie «MOSART» weiterzuführen und in der Zukunft noch bekannter zu machen.

Wie war das Feedback der Lernenden zum Projekt «MOSART»?
Es hat ihnen grosse Freude bereitet. Mich hat überrascht, wie gut sie zusammengearbeitet haben und wie schnell sie sich der Stärken der anderen Teammitglieder bewusst wurden.

 

Trotz der alarmierenden Zahlen und Herausforderungen in der Baubranche gibt es Grund zur Zuversicht. Wie Nicolò Brivio betont, existiert eine Generation junger Fachkräfte, die motiviert ist, etwas zu bewegen. Der Schlüssel liegt darin, diese Talente sichtbar zu machen, gezielt zu fördern und ihnen Perspektiven aufzuzeigen. Mit kreativen Initiativen, modernen Kommunikationskanälen und einem realistischen, positiven Berufsbild kann die Branche neue Wege gehen – und so die Plattenlegerinnen und Plattenleger von morgen gewinnen.

MOSART – der Nachwuchs packt an

Im Tessin konnten 18 Plattenlegerlernende aus dem 1. und 2. Lehrjahr unter der Anleitung ihres Berufsschullehrers an einem ganz besonderen Projekt mitwirken. Sie haben aus insgesamt 10 000 Mosaiksteinen ein Meisterwerk erschaffen, das die Zahnradbahn vom Monte Generoso und das berühmte Bauwerk Fiore di pietra von Mario Botta abbildet. Das Material wurde von Mapebeton SA, unserem Partner im Tessin gesponsert.

 

MOSART – Historie der Arbeiten

Vorbereitung ist das A & O

Ausgangspunkt war die massstabsgetreue Nachbildung der Fiore di Pietra und der Zahnradbahn des Monte Generoso, um das Mosaik millimetergenau und nach Farben zu platzieren. Danach folgten aufwendige Mess- und Schneidearbeiten.

Das Verkleben – eine Geschichte für sich!

Für das Verkleben wurde Ultramastic III, ein wasserbasierter Klebstoff mit verlängerter Offenzeit, gewählt. Dies war wichtig für ein präzises Verarbeiten der 10 000 Mosaiksteine ohne Zeitdruck.

Verfugen, reinigen und … WOW!

Nachdem die Mosaiksteine verlegt waren, verfugten die 18 Auszubildenden ihr Werk mit Kerapoxy Easy Design, einem einfach aufzutragenden Zweikomponenten-Epoxidmörtel. Nach der Feinarbeit reinigten sie alles mit UltraCare Kerapoxy Cleaner. Am Ende entstand ein Werk, das technische Präzision, Teamgeist und Leidenschaft zeigt!

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Mapei Fiore di Pietra Generoso
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Produktlinien
Verlegung von Keramik und Naturstein

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