Alte Schichten mechanisch entfernen – was hilft wirklich?

Von Maik Evers, Leiter Technischer Service Fußbodentechnik und Parkett
 11. Februar 2024. 14:57

Renovierungs- und Sanierungsmaßnahmen machen mehr als die Hälfte der gesamten Bautätigkeit aus. Gerade der Fußbodenaustausch ist eine der häufigsten Sanierungsmaßnahmen überhaupt. Dabei trifft der Bodenleger auf Untergründe im Bestand, z. B. Altestriche mit Anhaftungen alter Spachtelmassen- und Klebstoffreste. Laut der gängigen Fachliteratur sind alle alten Schichten möglichst bis zum tragfähigen Estrich zu entfernen. Dies gestaltet sich in der Praxis oft schwierig. So ist die Auswahl der richtigen Maschinentechnik und der Schleifwerkzeuge alles andere als trivial. Wir zeigen Ihnen, welche Möglichkeiten der maschinellen Untergrundvorbereitung es gibt und warum dies für den bodenlegenden Handwerker durchaus ein lukratives Geschäft sein kann. 

Untergrundvorbereitung – wichtiger denn je

In der Sanierung begegnet der Bodenleger selten neuen, belegreifen Estrichen. Stattdessen trifft er auf Untergründe im Bestand – Altestriche mit Anhaftungen alter Spachtelmassen- und Klebstoffreste, alte keramische Fliesen und Naturwerksteine, Holzdielen mit Anstrichen, vorhandene Beschichtungen, usw. Ein direkter Aufbau mit einem neuen Bodenbelag ist hier oftmals nicht möglich, da es ansonsten zu Schäden, wie Ablösungen, Hohlstellen oder Geruchsbildungen aufgrund der Wechselwirkung von neuen und bestehenden Verlegewerkstoffen kommen kann. Entsprechend heißt es in der gängigen Fachliteratur, dass alle alten Schichten möglichst bis zum tragfähigen Estrich zu entfernen sind. Dies ist im Grundsatz richtig und sollte die erste Wahl sein. Objektbezogen kann es trotzdem möglich sein, mit entsprechenden vorbereitenden Maßnahmen und geeigneten Systemprodukten auf diese Altuntergründe aufzubauen. Ist ein Aufbau auf Altuntergründen mit vorhandenen Nutzböden möglich, z.B. auf Altkeramik, ist aber auch dann eine ausreichende mechanische Vorbereitung unabdingbar.

Moderne Maschinentechnik bietet durchaus die Möglichkeit, alte Schichten nahezu staub- und stressfrei zu entfernen, Fliesen und Beschichtungen ausreichend anzurauen und alte Holzdielen von Farbanstrichen zu befreien. Dabei stellen diese Arbeiten besondere Leistungen dar, die dem Bodenleger entsprechend zu vergüten sind. Es ist daher zu empfehlen, den Bauherrn über die möglichen Risiken beim Aufbau auf alten Schichten aufzuklären und ihm stattdessen die mechanische Entfernung dieser Schichten als Zusatzleistung anzubieten.

 

Welche Arten der mechanischen Vorbereitung gibt es?

  • Reinigungsschliff (Anschleifen)

    Der sog. Reinigungsschliff dient, wie der Name sagt, der Reinigung der Estrichoberfläche, indem Staub und andere gering anhaftende Bestandteile gelöst und anschließend abgesaugt werden. Es erfolgt dabei kein nennenswerter Abtrag des Untergrundes, daher spricht man auch von „Anschleifen“ (nicht zu verwechseln mit „Abschleifen“). Der Reinigungsschliff ist bei neuen, mineralischen Untergründen als Nebenleistung zu erbringen und erfolgt in der Regel mittels Einscheibentellermaschine und grober Schleifscheibe.

     

  • Abschleifen

    Beim Abschleifen erfolgt ein Abtrag von z.B. Trennschichten oder labilen Estrichrandzonen. Daher geht das Abschleifen über den Reinigungsschliff hinaus und stellt eine besondere Leistung dar. Auch das oberflächliche Aufrauen von alten keramischen Fliesen oder Beschichtungen zur Erzielung einer entsprechenden Griffigkeit zählt dazu. Beim Abschleifen wird eine gleichmäßige Abtragstiefe bzw. Rauigkeit erzielt. Daher kommen hier vor allem horizontalwirkende ein-, mehr- oder vielschneidige Werkzeuge zum Einsatz, beispielsweise Einscheibentellermaschinen mit Kupferscheibe oder mit Diamant-Schleifwerkzeugen (Diamantschleifen) bzw. PKD-Werkzeugen (Entschichten). Die Wahl der Maschine und Werkzeuge ist dabei entscheidend und richtet sich nach der jeweiligen Untergrundbeschaffenheit und der jeweiligen Anforderung.

     

  • Diamantschleifen

    Das Diamantschleifen ist eine Form des Abschleifens und bezeichnet umgangssprachlich die Bestückung von Einscheibentellermaschinen oder speziellen Bodenschleifmaschinen mit Diamantschleifwerkzeugen. Diese erlauben eine effizientere und bessere Schleifwirkung. Der damit verbundene höhere Abtrag gewährleistet ein gleichmäßigeres Schleifbild als ein übliches Schleifpapier oder eine Kupferscheibe.

     

  • Entschichten

    Entschichten bezeichnet die Entfernung von alten Schichten wie beispielsweise Nivelliermassen und Kleberresten. Während die Schleifwirkung einer Einscheibentellermaschine aufgrund der Drehzahl (ca. 150-400 U/Min.) und des Gewichts (ca. 40-50 kg) begrenzt ist, haben Bodenschleifmaschinen, deren Drehzahl und Gewicht höher liegen, zum Entschichten eine deutlich höhere Abtragwirkung. Sie werden mit speziellen Schleifwerkzeugen bestückt, z.B. mit groben Diamant-, PKD oder PKD-Splitt-Werkzeugen. Je nach den gewählten Schleifwerkzeugen eignen sich Bodenschleifmaschinen für den Abtrag / die Entfernung einer Vielzahl an alten Schichten.

     

  • Diamantschleifwerkzeuge

    Bei Diamantschleifwerkzeugen (= Diamantschleifmitteln) handelt sich zunächst um synthetische und natürliche Diamantpartikel, welche mit Metallpulvern in unterschiedlichen Legierungen gemischt und anschließend gesintert werden. Durch die unterschiedliche Zusammensetzung der Bindung können weichere und härtere Segmente entstehen. Dabei gilt im Allgemeinen: Härtere Werkzeuge tragen weichere Untergründe ab, weichere Werkzeuge tragen härtere Untergründe ab. Die Wahl des richtigen Schleifsegmentwerkzeuges ist daher von Bedeutung für das Ergebnis und die Standzeit. Anhand des Verschleißes der Werkzeuge lässt sich die Eignung für den Abtrag des Untergrundes bewerten:

    • Verschleißen der Diamant und die Bindung gleichmäßig, ist die Schleifleistung im Verhältnis zum Verschleiß optimal und das Segment hat die richtige Bindung für die Anwendung.
    • Verschleißt der Diamant schneller als die Bindung, ist die Schleifleistung gering und das Segment hat eine zu harte Bindung für die Anwendung.
    • Verschleißt die Bindung schneller als der Diamant, ist die Schleifleistung zwar hoch, aber die Standzeit ist sehr gering, das Segment hat eine zu weiche Bindung für die Anwendung.

    Hauptanwendungsbereiche für Diamantsegmente sind das Abschleifen mineralischer Untergründe und Sinterschichten sowie das Abschleifen glatter Untergründe wie Altkeramik oder Beschichtungen.

     

  • PKD-Werkzeuge

    Polykristalliner Diamant (PKD) ist eine synthetisch hergestellte, extrem harte, untereinander verwachsene Masse von Diamantpartikeln mit Zufallsorientierung in einer Metallmatrix. Es wird durch Zusammensintern von Diamantpartikeln bei hohem Druck und hohen Temperaturen hergestellt. Im Gegensatz zu den o.g. Diamantsegmenten kommt bei PKD kein Trägermaterial (Metallpulver) zum Einsatz. Die PKD-Schicht wird im Nachgang auf einen Trägerkörper (Metallrücken) aufgebracht. Durch die extrem harte Struktur von PDK ist eine gute Abtragsleistung verbunden mit einer hohen Standzeit gewährleistet. Aber Achtung: Durch die Härte wird der PKD allerdings auch spröde und damit anfällig für z.B. Kantenschläge bei metallischem Aufprall, etc. Hauptanwendungsbereiche für PKD-Segmente sind das Abschleifen/Entfernen alter Schichten wie Spachtelmassen, Klebstoffe, Fliesenkleber, Bodenbelagsresten oder Beschichtungen.

     

  • PKD-Splitt-Werkzeuge

    Werden PKD-Splitter von den PKD-Elementen der PKD-Werkzeuge in eine Metallbindung gebunden, spricht man von PKD-Splitt-Segmenten. Die Schleifwirkung liegt bei diesen zwischen der von PKD-Werkzeugen und Diamantschleifwerkzeugen. PKD-Splitt-Werkzeuge finden Anwendung bei dünnen Klebstoff- oder Belagsrückständen, dünnen bis mittleren Schichtaufbauten sowie bei losen Spachtelmassenfeldern. Im Vergleich zu den o.g. PKD-Segmenten arbeiten PKD-Splitt-Werkzeuge robuster und schonender zum Untergrund.

     

  • Fräsen

    Das klassische Fräsen erzeugt einen sehr hohen Abtrag mit senkrecht rotierendem Fräswerkzeug (Trommel- oder Schlagfräse). Da dies oftmals zu einer Schädigung des Estrichgefüges führt, kommen diese Maschinen heutzutage fast nur noch bei speziellen, härteren Untergründen wie Industrieestrichen oder Beton zum Einsatz. Stattdessen werden für die übliche Untergrundvorbereitung zur Bodenbelagsverlegung bevorzugt schonendere Verfahren, wie das Schleifen mit Diamant- und PKD-Werkzeugen eingesetzt. In diesem Guide werden daher auch nur die schonenden Verfahren weiter betrachtet.

     

  • Feinfräsen
    Als Feinfräsen (oder auch „Stocken“) bezeichnet man Werkzeuge, die einen geringen Umfang haben, mit meißelartigen kleinen Spitzen in unterschiedlicher Beschaffenheit ausgerüstet sind und den Untergrund unter Einoder Mehrscheibenmaschinen rollend abfahren. Dies sorgt für eine gewisse Strukturierung bzw. stärkere Rautiefe des Untergrundes. Gleichzeitig ist das Feinfräsen schonender zum Untergrund als das klassische Fräsen mittels senkrecht rotierenden Werkzeugen, da hier wie beim Schleifen und Entschichten fast ausschließlich horizontale Kräfte wirken. Feinfräsen wird daher als Alternative zum klassischen Fräsen beim Abtrag mineralischer Untergründe und vor allem im Bereich der Untergrundvorbereitung vor Beschichtungsarbeiten verwendet.

 

Aufbauende Maßnahmen

Abschließend müssen die mechanisch vorbereiteten Untergründe mit geeigneten aufbauenden Maßnahmen für die Bodenbelagsverlegung weiter vorbereitet werden. Je nach gewähltem Abtragsverfahren und der dadurch entstandenen Oberflächenbeschaffenheit des Untergrundes können unterschiedliche Maßnahmen erforderlich werden. So müssen gefräste Estriche in jedem Fall nach der mechanischen Bearbeitung durch einen zusätzlichen Abschliff der geschädigten Randzone sowie durch verfestigende Maßnahmen mit z.B. Epoxidharzgrundierungen wieder instandgesetzt werden. Aber auch bei schonenden Abtragsverfahren ergibt sich oftmals durch das Aufrauen der Oberfläche eine starke Saugfähigkeit, weshalb unter Umständen beim Einsatz einer Dispersionsgrundierung zweifach zu grundieren ist. Ergänzende Hinweise zu Anwendung von Dispersionsgrundierungen – auch bei stark saugfähigen Untergründen – finden sich in diesem AWT Praxistipp.

Alternativ können reaktive Grundierungen wie PU- oder Epoxidharzgrundierungen verwendet werden. In jedem Fall sollte durch die Grundierung ein vollständiger Porenverschluss des Untergrundes erzielt werden. Zudem ist beim vollflächigen Spachteln durch den Abtrag des Untergrundes ggf. eine höhere Spachtelschichtdicke erforderlich.

Eine Vielzahl an Systemlösungen für den Aufbau auf Altuntergründen in der Sanierung findet sich in der MAPEI Broschüre „MAPEI Systemlösungen für einfaches und sicheres Sanieren und Renovieren“.

 

Der MAPEI Maschinenguide – ein Kompendium für die Praxis

Zusammen mit namhaften Herstellern der oben beschriebenen Maschinentechnik hat MAPEI einen umfangreichen Maschinenguide entwickelt, der dem Handwerker hilft, die passende Maschinentechnik für die jeweilige Baustellenanforderung auszuwählen. Mit den Partnerfirmen Janser, MKS Funke, Roll und Witte ist ein praxisnahes Nachschlagewerk entstanden, welches den aktuellen Stand der Technik hinsichtlich der mechanischen Untergrundvorbereitung darstellt.

In dem MAPEI Maschinenguide finden sich Informationen über die verschiedenen Varianten der Maschinentechnik – von Einscheibentellermaschinen bis hin zu speziellen Bodenschleifmaschinen. Dabei werden die unterschiedlichen Systeme mit den technischen Details und Leistungsmerkmalen dargestellt. Zudem findet sich eine Übersicht, welche Maschinen für welche Arbeitsschritte besonders zu empfehlen sind. Zu guter Letzt gibt es zusätzlich einige allgemeine Hinweise zur maschinellen Untergrundvorbereitung.

Der MAPEI Maschinenguide findet sich hier als digitale Version.

Die Druckversion erhalten Sie bei Ihrem MAPEI Ansprechpartner vor Ort. Dieser unterstützt Sie zudem mit entsprechendem Know-How, geeigneten Systemlösungen für den erneuten Untergrundaufbau und praxisnahem Service vor Ort. Ihren MAPEI Ansprechpartner finden Sie hier.

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